Eigentlich sollte der Titel «Die Tradition darf nicht vor die Hunde gehen» heissen – aber der war zu lang. Ich baue ja immer gerne kurze Ausschweifungen in meine Erzählungen ein. Und heute beginne ich mit einer, denn sie leitet mein Thema ein. Die Deutsche Sprache ist voller Redewendungen, jedoch sind sich viele Leute nicht bewusst, wie viele davon in der Jagd ihren Ursprung haben. Krankes oder geschwächtes Wild geht vor die Hunde, wenn es von der Meute jagender Hunde gestellt wird. Heute verstehen wir darunter nur, dass etwas stirbt.
Bekannter ist der Ausdruck «Durch die Lappen gehen». Etwas ist uns entgangen. Die Redensart stammt aber von der Lappjagd, einer Jagdform bei welcher Lappen an gespannten Seilen aufgehängt wurden, um Wild bei einer Treibjagd in eine bestimmte Richtung zu lenken. Ist dann ein Tier in die falsche Richtung entwischt, also unter den Lappen durch, ist es durch die Lappen gegangen. Oder «Eins hinter die Löffel bekommen», hat seinen Ursprung beim Hasen, dessen Ohren bekanntlich als Löffel bezeichnet werden. Es geht um die Ohrfeige.
Jagd ist Tradition
Die Jagd ist tief mit unserer Kultur verbunden. Vernetzt könnte man sagen. Denn seit über 10’000 Jahren jagt der Mensch und war einst «nur» Jäger und Sammler. Natürlich ändert sich der Mensch im Laufe der Zeit und dabei stellt er vieles infrage. So sieht sich die Schweiz oder genauer der Kanton Zürich, mit der grundlegenden Frage konfrontiert, ob die Jagd heute noch zeitgerecht ist und ob sie noch zu unserer Gesellschaft und Lebensform passt. Ich lasse die Frage in diesem Bericht unbeantwortet.
Aber warum schreibe ich dies alles in einem Blog, in dem es um Hunde gehen soll? Nun, vor genau einer Woche besuchte ich den Jagdhundetag des LJV (Landesjagdverband) auf dem Dornsberg. Das Ambiente ist eindrücklich. Das gepflegte Gutshaus, welches mit den Nebengebäuden einen Innenhof bildet und eine Jagdschule beherbergt, ist die Kulisse des Geschehens. Auf dem Hof ist ein rechteckiger Platz abgesteckt und rund rum bieten Festbänke Sitzgelegenheiten für hunderte Zuschauer.
Präsentiert werden rund 50 verschiedene Jagdhunderassen. Die einen beliebter und häufiger gesehen, die anderen wahre Raritäten. Eine jede Rasse gezüchtet für eine bestimmte Aufgabe während der Jagd. Vorstehhunde, Bracken, Apportierhunde, Schweisshunde, Bauhunde und was es alles gibt. Würde es diese Rassenvielfalt noch geben, wenn die Jagd als nicht mehr zeitgemäss eingestuft und die Milizjagd ihr Ende finden würde? Bestimmt nicht. Wohl würden sich einige Rassen, wie Labrador oder Golden Retriever halten, da sie auch tolle Familienhunde sind, aber die meisten würden verschwinden.
Die Wahl des Gefährten und der Erhalt der Rassen und der Kultur
Während der Vorführung macht uns der Präsentator immer wieder auf Rassen aufmerksam, die es bereits nicht mehr gibt. Zudem soll sich jeder, der sich einen Hund anschaffen will, vorab darüber Gedanken machen, wie er diesen jagdlich einsetzen will. Denn daraus sollte man die passende Rasse ableiten. Und zum Erhalt der Vielfalt kann man sich auch gerne für einen Hund entscheiden, dessen Rasse jährlich nur noch wenige hunderte Welpen hervorbringt.
Am Nachmittag zeigen die Hunde und Hundeführer noch ihr Können. Buschieren, Apportieren und Suchen, Finden, Fährten Verfolgen – die gut trainierten Teams bieten ein kurzweiliges Programm. Auch dem Laien sollte bewusst werden, welch grosses Kulturgut mit der Jagd verbunden ist. Mir persönlich ist es an diesem Tag noch viel deutlicher geworden und ich freue mich schon auf den Jagdhundetag 2019.