Endlich wird es Frühling. Nicht nur vom Kalender her und es ist auch nicht der meteorologische Frühling gemeint, sondern die Temperaturen steigen und die Sonne scheint. Endlich kann man wieder auf Foto-Pirsch gehen, ohne sich dick einpacken zu müssen, um dann beim langen Warten dennoch zu frieren. Und noch mehr zum Thema Kleidung. Heute probiere ich mal was Neues. Es mag den einen oder anderen verwundern, aber ich trage auch zum Fotografieren von Wildtieren traditionelle Jagdkleidung. Also Grün. Das klassische Tannengrün, gerne auch Brauntöne.
Etwas mehr Tarnung
Vor einiger Zeit habe ich mir nun auch ein Tarn-Kombi zugelegt. Hose und Jacke mit der Musterung eines Laubbaumes. Und wie ich beim gestrigen Spaziergang festgestellt habe, sieht der Wald momentan genau so aus, wie dieses Muster. Wenn nicht jetzt, wann dann? Ich schlüpfe also in mein neues, noch nie gebrauchtes Gewand und fahre ins Revier.
Um das Wild nicht unnötig zu stören und zu beunruhigen, vermeide ich viel Bewegung im Wald. Ich folge einem kurzen Forstweg, der ca. 50 Meter in den Wald hinein führt und setze mich an dessen Ende neben einen Baum. Von hier aus kann ich den Hang einigermassen gut einsehen. Grad begeistert bin ich nicht von der Position, aber man muss Prioritäten setzen. Wenn ich mich weiter durch den Wald über das trockene Laub bewege, verscheuche ich wohl alles Wild in der Nähe. So nehme ich den etwas unglücklichen Platz in Kauf und beschränke mich auf ein kleineres Sichtfeld.
Warten und die Sonne geniessen
Nach dem langen und kalten Winter und dann dem feuchten und verschneiten Frühling, scheint es wie ein neues Leben. Es ist mild, windgeschützt und die Sonne strahlt durch die noch kahlen Kronen der Bäume. Mit der Jacke ist der schon fast zu warm. So lässt es sich gut warten. Hin und wieder zeigt sich ein Vogel und eine Maus raschelt in einem Asthaufen, der direkt neben mir liegt. Ein Waldbaumläufer verkürzt mir die Wartezeit. In Windeseile klettert er spiralförmig Baum um Baum hoch und sucht nach Insekten. Die süssen kleinen Vögel sind spannend zu beobachten und sind willkommene Fotomotive. Einige Aufnahmen seht ihr unten.
Es raschelt
Es raschelt eigentlich schon die ganze Zeit. Zumindest immer wieder. Herkunft der Geräusche ist aber kein Tier, sondern ein Signalband der Forstarbeiter, das bei jedem kleinen Windzug der Rinde einer Eiche entlang schleift. Ich überlege mir immer wieder aufzustehen und es festzubinden. Aber ich bleibe sitzen. Ich will ja keinen unnötigen Lärm verursachen. Und plötzlich raschelt es wieder. Diesmal klingt es aber anders und dazwischen knacken einige Äste. Das muss ein Reh sein. Ich drehe mich nach links und nehme die Kamera hoch.
Nur ein Klicken, nur ein Bild
Ich bin immer wieder überrascht, wie schnell es gehen kann. Im einen Moment ist man noch ganz verträumt vom stundenlangen Warten in der Sonne, ohne dass man Anblick von Schalenwild hat und im nächsten Augenblick ist der Puls hochgefahren und die Konzentration auf dem Maximum. Das macht doch dieses Hobby aus. Das rechte Auge ist geschlossen, das linke schaut durch den Sucher der Kamera. Eine Rehgeiss steht vor mir. Sie ist so nah, dass ich sie mit dem 400 mm Objektiv nicht mehr ganz abbilden kann.
Sie bleibt stehen, schaut mich aber nicht an. Sie hat mich noch nicht entdeckt. Aber welches Reh erwartet wohl einen Menschen in seinem Wald, der einfach da sitzt und zudem wie ein Baum aussieht? Es scheint so, als funktioniere der Anzug ganz gut. Dann schaut mich die Ricke doch an und ich drücke den Auslöser. Das Klicken des Spiegels scheint sie verunsichert zu haben. Sie springt zwar nicht ab, aber geht dennoch weiter. Alles in allem, hat die Szene wohl ca. 10 Sekunden gedauert. Ich habe nur ein Foto machen können. Kaum ist das Reh weg, schaue ich aufs Display, ob das Bild etwas geworden ist. Mir gefällt’s, ich bin zufrieden.
Ich bleibe noch eine Viertelstunde sitzen und warte, ob noch mehr Rehe folgen. Es bleibt bei dem einen Stück. Auf dem Rückweg zur Jagdhütte und zum Auto mache ich noch ein paar Makroaufnahmen. Der Frühling ist einfach schön.