Das zehnte Bild – Gabler

Ansitzzeit und Besinnlichkeit

Welcher Jäger kennt es nicht? Von der Hektik des Alltags einfach nur fliehen, auf andere Gedanken kommen und sich auf eine Kanzel zurückziehen. Kaum Lärm und nur den Geräuschen der Natur lauschen – nichts tun zu müssen, ausser zu sein. Und dennoch wird einem nicht langweilig, denn es gibt immer etwas zu schauen oder man verliert sich in Träumen. Man lässt alte Erlebnisse von diesem Hochsitz Revue passieren oder denkt sich: gestern wechselte der Gabler dort rechts vom Zaun ein, um 18:45 Uhr. Kommt er heute wohl auch? Und immer wieder ertappt man sich dabei, dass man auf eben jene Stelle blickt und vor dem geistigen Auge schon die Blätter der Hecke sich bewegen sieht. Und doch, dort ist nichts. Also schweift der Blick weiter, man lehnt sich entspannt zurück.

Dort drüben kommt der Bock

Nun ja, man muss nicht immer alleine auf dem Hochsitz sein. Und klar, der Hund ist eigentlich recht häufig dabei. Vor allem mein Zwergdackel. Die Kleine liegt dann gemütlich zusammengerollt neben mir auf der Sitzbank. Nein, der Hund stört kaum und tut auch dem oben Beschriebenen keinen Abbruch. Ganz im Gegenteil, denn die wachsame Nase und die stets lauschenden Ohren lassen einen noch weniger verpassen. Sitzt man halb dösend in der Abendsonne, die die Kanzel noch erreicht, genügt doch ein kurzes Heben von Hundchens Kopf und man ist wieder voll da. Sie hat etwas gewittert. Kommt etwas, das ich noch nicht gesehen habe? So ist es normalerweise.

Und nochmals wechselt in dieser Geschichte das Szenario, denn ich war hier weder alleine, noch nur mit dem Hund in der Kanzel – auch meine Frau sass neben mir. Ich schaute nach rechts, zur besagten Stelle von gestern, der Hund schlief tief und fest. Plötzlich: «Schau, hier links ein Reh», flüsterte sie leise. Es war der Gabler, der langsam aus dem Wald kam. Kamera hoch, zum Glück noch rechtzeitig. Ich hätte ihn verpasst.

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