Der Weg zum Ziel
Endlich ist Urlaub und wir fahren zum Wandern ins Oberengadin. Hier oben, wo meistens die Sonne scheint, war ich seit meiner Kindheit in vielen Ferien. Die Stunden, die ich hier mit der Kamera in der Hand, pirschend und lauernd verbracht habe, sind bereits unzählbar. Genauso, wie die traumhaften Motive an einem strahlend schönen Tag mit stahlblauem Himmel unzählbar scheinen. Vier Jahre lang habe ich hier oben gelebt und kenne das Tal mit vielen seiner Nebentäler sehr gut. Und doch entdeckt man immer Neues.
Es sind wenige Bilder, die wertvoll sind
Unzählbare Motive? Knipsen und fotografieren sind zwei verschiedene Paar Schuhe. Und ich liebe Ordnung. Es würde mir die Freude am Fotografieren verderben, wenn ich von einer Tour zurückkommen würde und erst einmal 1000 Fotos sichten müsste. Da ist für mich weniger wesentlich mehr. Ich halte mich da eher an die früheren Zeiten, wo ein Film 36 Bilder hatte. Damals reichten fünf Filme auch für einen ganzen Urlaub. Nun, ganz so ist es natürlich auch nicht mehr. Und vor allem bei der Tierfotografie muss man auch mal häufiger abdrücken, um den passenden Moment, den richtigen Bruchteil einer Sekunde zu erwischen. Mein Ziel eines Tages sind so in etwa drei gute Bilder. Die anderen lösche ich. Sind das wenige? Seien wir mal ehrlich: wie viele Bilder sind uns wirklich wertvoll? Wenige.
Die Murmeltiere von Es-cha
Wir wandern vom Albulapass zur Chamanna d’Es-cha. Chamanna heisst Hütte auf Romanisch. Auf dem Weg suchen wir Iva, ein Kraut, die Moschus-Schafgarbe. Die Einheimischen nutzen die Pflanze, um einen eigentümlichen Schnaps herzustellen. So auch wir. Doch plötzlich Pfiffe aus der Nähe. Schnell stillgestanden und die Kamera aus dem Rucksack geholt. Das Teleobjektiv ist schon montiert und wie immer ist sie eingeschaltet. Neben mir sonnt sich ein Murmeltier. Es schaut, ist aber zu weit weg und betrachtet uns nicht als Gefahr. Aber das Licht fällt so schön auf das kleine Tier, dass mich der Jagdreiz packt. Ich lege den Rucksack ab und robbe mich auf dem Boden, durch die Gräser, immer näher. Das Murmeltier bleibt ruhig sitzen. Alle 5 Meter ein Foto – ich komme immer näher. Sehr nahe ran. Das Resultat seht ihr oben. Dann wieder ein Pfiff und es verschindet im Bau.