Das grosse Warten
Nie in meinem bisherigen Leben habe ich so lange versucht ein bestimmtes Tier zu fotografieren. Und nein, gemeint ist nicht dieses Eichhörnchen. Dieses Bild entstand im Oberengadin, auf Guardaval, meinem Lieblingsort oder zumindest einem davon. Guardaval bedeutet «Talwache» und so fühlte es sich bei mir auch an. Ich lag Tage und Stunden neben jener Burgruine, welche einen tollen Blick auf die Talebene der Plaiv und den gegenüberliegenden Bergen Müsella und Mezzaun offenbart und «bewachte» das Tal. Besser gesagt, überwachte ich den Himmel.
Ich wollte einen Bartgeier fotografieren. Das ist in den letzten Jahren einfacher geworden, denn der Bestand hat sich in den Schweizer Alpen dank Aussetzungen und mittlerweile etlichen Bruten wieder ordentlich erholt. Aber es geht ja nicht darum, einen Vogel, welcher 500 Meter über einem das Tal traversiert, abzulichten. Das ist zum einen keine Herausforderung und zum anderen sieht man dabei auch mit Teleobjektiv auf dem Foto nur einen schwarzen Schatten oder eher einen Punkt. Das erklärte Ziel war eine Nahaufnahme und dazu musste ich in die Höhe. Ich musste dorthin, wo die Vögel sich mit der Thermik in die Höhe tragen lassen. Dazu wählte ich Guardaval.
Der Zufall macht die schönsten Bilder
Die Vögel kamen und die Vögel flogen weiter. Doch kam nie ein Geier nahe genug an mich ran, dass ich mit der Aufnahme zufrieden war. Eines Tages passierte sogar gar nichts, denn ich sah keinen einzigen Bartgeier in meiner Nähe. Dafür gesellte sich ein Eichhörnchen zu mir, setzte sich auf einen bewachsenen Baumstupf und sah mir die längste Zeit zu. In aller Ruhe stellte ich die Kamera auf die nahe Distanz und auf kaum Bewegung um und konnte etliche tolle Bilder machen. Nach einiger Zeit verschwand das kleine Tier.
Nach diesem Erlebnis stand ich auf und machte mich auf den Rückweg. Der Blick über das Tal war so schön, dass ich mich entschloss, noch ein Panoramabild mit dem Weitwinkel-Objektiv zu machen. Kaum war es montiert, bemerkte ich etwas im rechten Augenwinkel. Ein grosser Vogel näherte sich schnell und nahe an der Klippe. In Windeseile wieder das Tele drauf, die Einstellungen angepasst und 10 Bilder in Serie geschossen. Ich hab ihn an dem Tag auch noch bekommen, den Bartgeier. Hier ist er: